Warum nicht auf Russland zugehen?

Leserbrief in der Oberhessischen Presse vom 22.1.2022

Meinung zur Berichterstattung über den Ukraine-Konflikt:

Entspannt Euch mal, und zwar alle.

Die Berichterstattung in unseren Medien zum Ukraine-Konflikt verläuft in unerträglicher Wiederholungsschleife von Warnungen, Drohungen, Sanktionen bis hin zu abwegigen Einfällen, wie Russland aus dem internationalen Zahlungsverkehr SWIFT auszuschließen. Wie kann es richtig sein, ein Land absichtsvoll wirtschaftlich zu destabilisieren, denn genau dies würde dieser Ausschluss bedeuten.

Es geht im Kern um die Nato-Osterweiterung, von der Hans-Dietrich Genscher sagte, dass sie ein Fehler sei.

In den 2+4-Gesprächen wurde von den USA und Großbritannien der Vorschlag eingebracht, dass auf dem ehemaligen Gebiet der DDR alliierte Manöver abgehalten werden sollten. Auch damit konnte sich die damalige Sowjetunion nicht einverstanden erklären, und es erschien dann auch nicht im 2+4-Vertrag.

Dies zeigt sehr deutlich, wie inakzeptabel heute für Russland die Tatsache sein muss, dass es durch die Osterweiterung der Nato praktisch umzingelt ist.

Wir erinnern uns alle an die Kubakrise. Auch damals war es völlig inakzeptabel, dass sowjetische Raketen auf Kuba stationiert werden könnten.

Russland hat nun Vorschläge unterbreitet, über die man in Ruhe und mit ausreichend Zeit reden muss: Rechtliche Garantien für einen Nato-Verzicht auf eine weitere Osterweiterung. Dieser Aspekt gilt als „absoluter Imperativ“.

Rechtliche Garantien, dass keine Kampfsysteme an Russlands Grenze aufgestellt werden, „die auf unserem Territorium Ziele abschießen können“. Auch dieser Aspekt sei obligatorisch.

Die Nato muss „im Grunde genommen“ auf die militärische Erschließung der Territorien von nach dem Jahr 1997 in die Nato eingetretenen Staaten verzichten.

Gabriele Krone-Schmalz, ARD-Korrespondentin in Moskau von 1987 bis 1991, sagt zu Recht: „Alle Staaten haben das Recht, bei der Nato einen Aufnahmeantrag zu stellen. Aber die Nato hat jedes Recht der Welt, Bewerber abzulehnen, wenn übergeordnete politische Überlegungen dagegen sprechen!“ <https://www.youtube.com/watch?v=333YhKG-c7s>
Und es ist keinesfalls so, dass Russland nur Forderungen erhebt. Nein, es gibt auch Angebote und Zugeständnisse: Russland verzichtet auf die Stationierung von Kurz und Mittelstreckenraketen, die Ziele im Nato-Raum erreichen können, sofern die Nato auf entsprechende Raketen, die Ziele in Russland erreichen können, verzichtet.

Warum nicht auf Russland zugehen, wenn der Preis der Frieden ist?

Karin Schwalm, Marburg