Das Nordatlantikbündnis hält von 9. bis 11. Juli 2024 in Washington ein Gipfeltreffen ab und feiert sich selbst: 75 Jahre NATO. Im Sicherheitskonzept der NATO gilt „nukleare Abschreckung“ als Kernelement der Bündnispolitik. Kürzlich teilte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg mit, auf dem Jubiläumsgipfel stehe die „Anpassung der nuklearen Fähigkeiten an die aktuelle Sicherheitsumgebung“ auf der Tagesordnung. In diesem Bereich sei bereits ein „erheblicher Fortschritt“ erzielt worden, u.a. durch die „Modernisierung der US-Atomwaffen in Europa“. (1)
In der Tat ist das Bündnis seit Jahren dabei, die nukleare Komponente zu stärken: Die Atomwaffenstaaten der NATO – USA, Vereinigtes Königreich und Frankreich – unterziehen ihre nuklearen Arsenale, Trägersysteme und nuklearen Infrastrukturen einem massiven Qualitätsschub. Belgien, Deutschland, Italien und die Niederlande – NATO-Staaten mit aktiver „nuklearer Teilhabe“ – rüsten mit neuen Trägerflugzeugen, den F-35, für die nukleare Zukunft auf und bauen ihre Fliegerhorste für die Stationierung dieser Atomwaffenbomber sowie der neuen US-Atombomben des Typs B61-12 um. Letzteres gilt auch für den britischen Fliegerhorst Lakenheath. Außerdem beteiligen sich immer mehr NATO-Länder mit nicht-nuklearen Unterstützungsleistungen am jährlichen Atomkriegsmanöver „Steadfast Noon“.
Kürzlich warnte UN-Generalsekretär António Guterres: „Die Menschheit steht auf Messers Schneide; das Risiko eines Atomwaffeneinsatzes hat Höhen erreicht, die wir seit dem Kalten Krieg nicht gesehen haben.“ Seine Schlussfolgerung: „Wir brauchen Abrüstung, jetzt.“ (2) Die Dringlichkeit nuklearer Abrüstung zeigt auch der jüngste SIPRI-Bericht, demzufolge die Zahl der Atomsprengköpfe in höchster Alarmbereitschaft auf 2.100 angestiegen ist. (3) Ebenso ist die Gefahr eines katastrophalen „Atomkriegs aus Versehen“ angesichts der aktuellen Lage immens gestiegen.
Das Marburger Bündnis „Nein zum Krieg!“, Mitglied im Trägerkreis „Atomwaffen abschaffen – bei uns anfangen!“, fordert, der Diplomatie Vorrang zu geben und neue Abrüstungsgespräche aufzunehmen. Deutschland sollte jegliche Vorbereitungen zur Stationierung der neuen Atombomben beenden, die nukleare Teilhabe aufkündigen und sich den 70 Staaten anschließen, die dem 2021 in Kraft getretenen „Vertrag über das Verbot von Kernwaffen“ (4) der Vereinten Nationen bereits beigetreten sind.
Das Marburger Bündnis „Nein zum Krieg!“ lädt die Menschen im Landkreis Marburg-Biedenkopf dazu ein, die Veranstaltung „Atomwaffen verbieten! Was können wir von Österreich lernen?“ anlässlich der Gedenktage zu Hiroshima und Nagasaki am 8. August 2024 im Historischen Rathaussaal (5) zu besuchen, sowie sich an der Demonstration gegen das NATO-Atomkriegsmanöver am 12.10.2024 in Nörvenich zu beteiligen.
Fußnoten:
(1) NATO (2024): Pre-ministerial press conference by NATO Secretary General Jens Stoltenberg ahead of the meetings of NATO Ministers of Defence in Brussels, 12 Jun. 2024; https://www.nato.int/cps/en/natohq/opinions_226400.htm?selectedLocale=en.
(2) Arms Control Association (2024): Remarks from UN Secretary-General António Guterres, Washington D.C., 7.6.2024; https://www.armscontrol.org/2024AnnualMeeting/UNSG-Remarks.
(3) SIPRI (2024): Role of nuclear weapons grows as geopolitical relations deteriorate—new SIPRI Yearbook out now, 17 June 2024; https://www.sipri.org/media/press-release/2024/role-nuclear-weapons-grows-geopolitical-relations-deteriorate-new-sipri-yearbook-out-now.
(4) Generalversammlung der Vereinten Nationen (2017): Vertrag über das Verbot von Kernwaffen; https://www.icanw.de/wp-content/uploads/2017/07/a-conf-229-17-8.pdf.
(5) „Atomwaffen verbieten! Was können wir von Österreich lernen?“https://antikriegsbuendnismarburg.de/wp-content/uploads/2024/07/Einladung-8.8.24.pdf