Marburg, 2.3.2019
Mit Fassungslosigkeit nehme ich zur Kenntnis, dass die zuständigen Stellen beim Regierungspräsidium und im Kreishaus in der dem Express Nr. 49 / 2018 beigelegten Werbung für Schreckschusswaffen noch nicht einmal eine Ordnungswidrigkeit wahrnehmen konnten. Obgleich das Faltblatt mit der Überschrift “Pyrotechnik“ ausgewiesen ist, finden sich in ihm vorrangig täuschend echt aussehende Schreckschusswaffen, und als „Gratis-Geschenk“ beim Kauf einer Waffe eine Schachtel Pfefferspray-Munition. Was das mit Leuchtraketen am Sylvesterhimmel zu tun haben soll, ist mir ein Rätsel!
Offensichtlich haben sich zuständigen Sachbearbeiter von der irreführenden Werbung hinter’s Licht führen lassen. Denn Schreckschusswaffen sind keine Spielzeuge; und sie sind auch nicht harmlos. Auch sie können tödlich sein. Auch wer mit einer Schreckschusswaffe bedroht wird, erlebt Todesangst. Eine Unterscheidung in „echte Waffe“ oder „nur Schreckschusswaffe“ ist in der bedrohlichen Situation für das Opfer nicht möglich. So auch am 18. Februar, als in Wenkbach ein falscher Polizist die Waffe gegen einen Autofahrer richtet und abdrückt. (OP online v. 19.2.2019 / Print 20.2.2019)
Es ist auch keinem Streifenpolizisten und keiner Streifenpolizistin zuzumuten, in einem nächtlichen Einsatz bei einer aggressiven Auseinandersetzung unter adrenalinaufgeladenen, testestorongesteuerten und alkoholisierten jungen Männern eindeutig erkennen zu können, ob das Gefuchtel mit einer Waffe „nur“ dem Scheine nach „echt“ ist. Da hätten die Kolleg/-innen aus dem Regierungspräsidium und der Kreisverwaltung durchaus die paar Schritte zur Polizei gehen können, um sich zu erkundigen.
Wenn die Werbung für Schreckschusswaffen juristisch – noch nicht einmal als Ordnungswidrigkeit – ohne Folgen bleibt, dann befürchte ich, dass hier langsam „amerikanische Verhältnisse“ einziehen werden. Denn die Verführung von „Schreckschuss-“ zur „scharfen Waffe“ ist groß, und die Schritte dorthin sind klein.
Mit der Legitimierung von Waffenwerbung wird die Brutalisierung und Militarisierung der Gesellschaft voraussichtlich zunehmen. Es kann einem Angst und Bange werden!
Das zu bedenken, hatte ich von den verantwortlichen Stellen erwartet.
Es bleibt mir nur zu hoffen, dass alle Publikationsorgane freiwillig und aus ethischen Gründen zukünftig auf solche Werbebeilagen verzichten.
Pit Metz
Oberhessische Presse vom 7.3.2019:
Waffenreklame: kein gerichtliches Nachspiel